Wildes Hinterbergl, 3.288 mtr
Wildes Hinterbergl, 3.288 mtr
manchmal reißt es den Mario hinaus in die Berge. Und wenn er (wieder mal) soweit ist, dann komme ICH gerade (welch Zufall) um die Ecke. So wars am Mittwoch. Wohin er denn am Pfingstwochenende fährt? (für nicht eingeweihte: lange Wochenenden ist Mario NIE nur ruhig daheim). Naja, kam die Antwort, „Gardasee wurde abgesagt, jetzt bin ich im Land.“ Haha, habe sofort Befehl zum Wadeleinschmieren erteilt! Freitag nach Dienst ist Abmarsch, wir werden dem Winterraum der Franz Senn Hütte einen Besuch abstatten. Und dann steht einem zackigen Abmarsch am Samstag morgen, nichts im Wege.
16:50, Mario trudelt bei mir in der Bude ein und wir packen alles in mein Auto. Im Nu sind wir am Ausgangspunkt bei der Oberishütte. Dort schnallen wir die Schi auf den Rucksack und steuern unser Ziel an.
Um 19.00 Uhr schlagen wir auf. Niemand da. Den Raum für uns allein. 12 Lagerplätze vorhanden, recht einfach, aber wer „back to Basics“ mag, für den ist es der pure Luxus. Wer und wann kocht sich den mit einem Gaskocher was Warmes? Wir orientieren uns, beziehen die Schlafstatt und beginnen zu werkeln. Wasser schmelzen, jausnen, Nudelsuppe mit Würstl (!! danke M. 🙂 wärmen und Nudeln mit Tomatensugo kochen (leider den frisch geriebenen Parmesan vergessen).
Bald haben wir uns die Bäuche extrem vollgeschlagen und verputzen noch eine Tafel Schweizer Schokolade (noch ein Danke an Tante Lisl !!). Jetzt sitzen wir nur da und genießen es. Und dann tauchen da plötzlich noch 3 Gleichgesinnte aus Nürnberg auf. Ein Elternpaar mit Sohn, sehr sympatisch. Wir rücken zusammen und plaudern, jetzt sind wir halt 5, auch wurscht. Gegen 22.45 schalten wir das Licht aus (ja, es gibt elektrisches Licht) und schlafen allesamt gut ein. Tagwache ist um 04:30 Uhr – auch die Nürnberger starten gleichzeitig. Mario setzt Kaffeewasser auf und wir frühstücken, was das Zeug hält (naja, eigentlich nur Mario, der haut sich Eiersalat, Wurst, Käse und einige Tassen Kaffee rein). Ich nehme mit kalorienarmen Mannerschnitten vorlieb 😉
Ich mache ein bißchen Druck, ich will raus, die Nacht war klar und am Schnee vor dem Haus konnte man schon erkennen, daß es gut durchgefroren hat. Also, Rucksack rauf, Schi geschultert und wir marschieren schon ins Alpeiner Tal hinein. Vielleicht 10 min nach der Hütte passieren wir den Bach, ich „normal“, Mario mit Balancierstange.
Danach gehts schon mit Schi an Füßen weiter. Herrlich!! Ruhe, perfekte Bedingungen und im Hintergrund kommt die Sonne zum Vorschein und wärmt uns den Rücken.
Der Aufstieg geht leicht von der Hand, die Freude an den Verhältnissen und überhaupt daran, daß wir so etwas einmaliges erleben dürfen, trägt uns.
„Nach rechts abbiegen“ bei 2.700 mtr. Als ich kontrollhalber die Höhe checkte, waren wir bereits auf 2.725. Kurze Unsicherheit, welche Furche wir aufsteigen sollen. Wir entschlossen uns aber goldrichtig, ein paar Meter abzufahren und nach rechts hineinzusteuern. Ja, da sind noch alte Spuren zu sehen, wir sind richtig. Es folgt ein Genußaufstieg über endlos weite Firnfelder. Was uns da bei der Abfahrt erwarten wird, läßt sich schon vorahnen. Lange dauerts nicht, und ich bin oben am Einstieg zur Turmscharte,
welche uns auf das finale – letzte – Aufstiegsstück führen wird. Mario kommt nach – es ist erhebend aus dem Fels auf die Hochebene zu kommen und wir freuen uns.
Eine letzte Querung meistern wir und mit zwei Spitzkehren trudeln wir am Gipfelplateau ein. Nun wird eine anständige Sitzbank in den Schnee geschaufelt und mit Schi eine Sitzfläche und obendrein noch eine Rückenlehne (!!) gebastelt.
Rasten. Nußschattulle leeren. Mario obligat: Speck, Käse, Brot. Ich blicke sehnsüchtig zum Schrankogel, der am 7.5.2011 von mir Besuch erhielt. Wie gestern erinnere ich mich an die emotionale Ankunft am Gipfel, wo sogar ein paar Tränen flossen.
Ich brenne auf die Abfahrt und zünde meinen Partner auch an. Wollen wir versuchen, anstatt abzuklettern, eine fahrbare Rinne hinab unter die Turmscharte zu finden? Ja! Nach rechts hinaus, leider zu weit runter. Von dort aus kann man sehen, wo die Rinne verlaufen würde. Es wird nicht lange gefackelt, ich schultere die Schi und befehle Mario, daß er mir nachstapfen soll. 100 hm vielleicht, nicht mehr, aber anstrengend halt.
Aber dann, oben, bei der Einfahrt, kribbelts schon gewaltig. Als Mario schnaufend ankommt fahre ich schon ein. Ich möchte ihn in der Rinne bei der Abfahrt fotografieren und warte unten. Da kommt er schon daher. Juhu! Aufregende Variante (siehe Foto unten).
Ohne langes Warten phasen wir weiter hinab. Zischfirn wie selten bekommen – 4cm – drunter hälts. Perfekt, orgasmusähnlich die weitere Abfahrt.
Unten queren wir nach rechts hinaus und über einen letzten steilen Schnapper gehts auf den flachen Gletscherboden. Zammwarten, jubeln, genießen! Einmalig! Wieder weiter, zuerst flach, dann angenehm geneigt, unsere Schwünge sind riesengroß und bei jeder Kurve habe ich das Gefühl, gleich abzuheben. Freiheit und Natur spüre ich intensiv. Unten dann wird es wieder flächer und wir schieben bis zur nächsten Geländekuppe. Dort wird umjustiert und die letzten Schwünge Richtung Talboden gemacht. Am rechten Rand schwindeln wir uns, die Bindung ist mittlerweile im Langlaufmodus, hinaus Richtung Hütte. Beim letzten Schneefleckerl ziehen wir aus, wandern zurück und lesen unseren noch deponierten Müll im Winterraum auf. Der Weiterweg führt zur Alpeinalm, die seit heute offen hat. Belohnungsschweinsbraten mit Knödl und Bierchen. Hat was. Schmeckt!
Nach einer angenehmen Stunde quälen wir uns noch ein letztes mal in die Schischuhe und stiefeln zum Auto. 14:30 Uhr. Perfekt, noch den halben Tag zur Verfügung.
Nun nur noch hinaus nach Innsbruck zu Marios Auto, umladen und heim.
Verschwitzte Kleider gleich waschen, selber duschen und die schöne Tour noch viele male Revue passieren lassen.
Giggi, 26.5.2012